Clara E. Müller
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| + | Clara Müller (1900–1998) | ||
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| + | Vor 25 Jahren verstarb Clara Müller. Sie gilt als eine Pionierin der Bau-Dokumentation. 1941 war sie, Anfang 40, als Mitarbeiterin in die neugegründete Baudokumentationsstelle (Prof. Otto Graf) in Stuttgart eingetreten, deren Leiterin sie von 1956 bis zu ihrer Pensionierung 1968 war. In Anwendung damals aktueller und innovativer Methoden hat sie die ursprüngliche Schrifttumsstelle in ihrer 25-jährigen Tätigkeit zu einer modernen, effizienten Informationsstelle ausgebaut. Bauliteratur aus vielen Ländern wurde beschafft und nachgewiesen – sachlich geordnet durch systematische Anwendung der Dezimalklassifikation, inhaltlich ausgewertet durch Referate. Die Vermittlungstätigkeit, auch in Form von Informationsdiensten, war in der Nachkriegszeit wegen vieler zerstörter Gebäude besonders gefragt und fand großen Anklang auch in der internationalen Bauwelt. Als Vizepräsidentin des „International Council for Building Documentation“ war sie gut vernetzt. Ihre Arbeit legte den Grundstein für die heutigen IuD-Aktivitäten des „Fraunhofer Informationszentrum Raum und Bau“ (IRB) mit seinen Datenbanken zum Planen und Bauen. | ||
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| + | Einsatz für die Dokumentation | ||
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| + | Ausgehend von der Stuttgarter Baudokumentation erweiterte sich Clara Müllers Blick auf bundesweites Parkett. Früh forderte sie eine zentrale Einrichtung für Dokumentation[1], die 1961 durch das Institut für Dokumentationswesen (IDW) realisiert wurde und zur Zwischenstation für die Förderung von Dokumentationseinrichtungen wurde – so wurden die staatlichen Zuschüsse für die DGD über das IDW, später die GID, abgewickelt.[2] Auch im Deutschen Normenausschuß (DNA) und der Fédération Internationale de Documentation (FID) war sie aktiv. | ||
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| + | Ein Steckenpferd von Clara Müller war die Dezimalklassifikation – sachlicher Ordnungsstandard der damaligen Zeit. In einem Interview zu ihrem 90.Geburtstag erinnert sie an die vielschichtigen Aspekte der Dezimalklassifikation: „Ich war an vielen Stellen der Welt, ganz gleich ob in Indien oder in England. Ich konnte die Kataloge in den Bibliotheken nutzen, da ich die Dezimalklassifikation verstand. Sie diente auch als Verständigungs- und Definitionsmittel auf einer Reihe von Sitzungen, wenn die Sprachen nicht mehr ausreichten.“[3] | ||
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| + | Seit den 1950er Jahren engagierte sich Clara Müller in der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation (DGD) in Frankfurt am Main für die Nachwuchsbildung in Dokumentationsstellen, sowohl ehrenamtlich in den Gremien als auch als externe Dozentin in den Kursen des DGD-Gremiums für Nachwuchsbildung. Sie wurde aktives Mitglied im Verein Deutscher Dokumentare (VDD), der 1961 gegründet wurde und durch die Erarbeitung von Tätigkeitsmerkmalen die Entwicklung der Berufsbilder vorantrieb. | ||
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| + | Clara Müller im Kuratorium | ||
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| + | Innerhalb der DGD war sie Mitglied des Kuratoriums der DGD, das unter Leitung von Dr. Karl Fill die Schulungsaktivitäten von Dokumentaren einleitete, sie wurde seine Stellvertreterin und formte maßgeblich die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der DGD seit den 1950er Jahren mit den Halbjahreskursen seit 1956/7 und der Entwicklung der dokumentarischen Berufsbilder. Zusammen mit Fill leitete sie das Kuratorium, aus dem 1967 das Lehrinstitut für Dokumentation (LID) hervorging. Als es zur Einrichtung des LID in der DGD gekommen war, lehnte sie allerdings die Anfrage, ob sie als Direktorin zur Verfügung stände, ab. Sie stand damals kurz vor ihrem Ruhestand und zog sich aus der aktiven Arbeit zurück.[4] Ein Generationenwechsel bahnte sich an. Als stellvertretende Leiterin begleitete sie die Ausbildungsaktivitäten auch nach der Überführung des Kuratoriums 1968 in den Fachausschuss für Ausbildung, der nun das neugegründete LID unterstützte, bis dieser 1972 wiederum als Fachausschuss für Ausbildung und Fortbildung den gewachsenen Anforderungen entsprechend neu organisiert wurde. Noch 1990, in hohem Alter, verfolgte sie die Aktivitäten der DGD, so mahnte sie die Zugänglichkeit des Archivs an. | ||
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| + | „Aufschließen von Dokumenten“ | ||
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| + | Clara Müller war eine beliebte Dozentin. Ihr Themengebiet war neben der Dezimalklassifikation das „Aufschließen von Dokumenten“. In der Programmbeschreibung für ein Seminar von 1966 hieß es: | ||
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| + | Müller, Clara E., Leiterin der Dokumentationsstelle für Bautechnik in der Fraunhofer-Gesellschaft in Stuttgart, stellv. Vorsitzende des International Building Classification Committee (IBCC). – 7 Stuttgart N, Birkenwalderstraße 134“ | ||
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| + | „Normen, Auswahlgesichtspunkte, Erfassungstechnik. Erschließungswege, Speicherung, Redaktionelle Probleme der Schrifttumsdienste. Koordination, Aufschließen von Reportliteratur mit Hilfe descriptorischer Ordnungssysteme (Beispiele aus der Praxis großer ausländischer Dokumentationsstellen)“.[5] | ||
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| + | In der nach Abschluss einer Schulungsveranstaltung üblichen Kritikrunde mit Verbesserungsvorschlägen für die inhaltliche und didaktische Gestaltung werden in einem Schreiben an den Seminarzuständigen Ernst Lutterbeck lobend Clara Müllers Manuskripte erwähnt: „Zum Kap. III (Manuskripte) ist noch zu sagen, daß die Teilnehmer u. a. Ihnen und Fräulein Clara Müller sehr dankbar sind für die vorbildlich erarbeiteten Manuskripte, die jedem die Möglichkeit der ganz wesentlichen eigenen „Nacharbeit“ geben!“[6] | ||
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| + | Clara Müller wurde 1958 auf der 10. Jahresversammlung der DGD in Köln mit der „Goldenen Nadel der DGD“ gewürdigt. 1986 wurde sie zum Ehrenmitglied erklärt. In den Nachrichten für Dokumentation erschienen jeweils ehrende Beiträge. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit, die vielen frühen Dokumentarinnen und Dokumentaren in lebhafter Erinnerung geblieben ist. | ||
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| + | Stuttgarter Arbeitskreis | ||
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| + | 1964 war Clara Müller mitverantwortlich für die Gründung des Stuttgarter Kreises für Dokumentation und Information, der 1986 im AKI Stuttgart aufging. Die regionalen Arbeitskreise – zeitgleich entstand der Berliner Arbeitskreis – waren integrale Bestandteile der satzungsgemäßen Aufgaben der DGD. Der AKI Stuttgart verehrt seine Gründerin und hält das Andenken mit einer Dokumentation an sie wach.[7] | ||
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| + | „Fräulein Clara Müller“ – frühes Beispiel einer Frauenkarriere | ||
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| + | Ihr beruflicher Nachlass umfasst eine Dokumentensammlung mit fast 50 Ordnern, den sie nach ihrer aktiven Zeit wohlgeordnet an die DGD übergab. Er enthält eine beeindruckende Sammlung zeitgenössischer Texte zur Dokumentation aus verschiedenen Branchen, bis 1912 zurückreichend – auch Ergebnis ihrer guten Vernetzung. Fremdveröffentlichungen sind häufig mit ihren Anmerkungen versehen oder mit persönlichen Bemerkungen des Autors an sie. | ||
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| + | Mit ihren Kenntnissen und ihrer Zielstrebigkeit hat sie nicht nur den Frauen im Dokumentationsbereich ein frühes Beispiel gesetzt. Ihre verbindliche, umsichtige Art machte sie zu einer geschätzten Kollegin. Clara Müller gehörte zur ersten Generation von Frauen in der Dokumentation, die eine Führungsposition innehatte. | ||
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| + | Der Nachlass von Clara Müller befindet sich im Historischen Archiv der DGI.[8] | ||
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| + | Barbara Müller-Heiden | ||
| + | Kontakt: müller-heiden@dgi-info.de | ||
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| + | Published Online: 2023-08-08 | ||
| + | Published in Print: 2023-08-03 | ||
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| + | © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston | ||
| + | https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/iwp-2023-2022/ | ||
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| + | 061125 via site | ||
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== Doku zu Clara == | == Doku zu Clara == | ||
Aktuelle Version vom 6. November 2025, 15:22 Uhr
Inhaltsverzeichnis |
Nachruf auf Clara E. Müller
7. November 1900 - 3. November 1998
Am 3. November 1998 starb Clara E. Müller, eine Pionierin der Dokumentations- und Informationswelt, kurz vor ihrem 98. Geburtstag in Stuttgart. Ihre Dokumentationstätigkeit begann im Jahre 1941, als Prof. Otto Graf für die am 1. März gegründete Bautechnische Auskunftsstelle eine "Mitarbeiterin zum Aufbau einer technischen Bibliothek und eines bautechnischen Archivs" suchte. Der Forscher und Hochschullehrer stellte Clara E. Müller ein. "Ohne ihre Umsicht und Zähigkeit, ihr Können, ihre Begabung, ihren Idealismus und ihren außerordentlichen Fleiß wäre es gewiß nicht gelungen, Grafs Idee unter schwierigsten äußeren Bedingungen in die Realität umzusetzen." (Zitat aus: 50 Jahre Bauinformation in Deutschland, S.27)
Ab 1956, nach dem altersbedingten Ausscheiden von Prof. Otto Graf, leitete Clara E. Müller die Dokumentationsstelle für Bautechnik (DBt), die 1960 in die Trägerschaft der Fraunhofer-Gesellschaft übernommen wurde. Sie führte diese Dokumentationsstelle bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 1969 zu weltweiter Geltung; die Dokumentationsstelle für Bautechnik (DBt) fusionierte 1977 mit der Dokumentationsstelle des Kölner Instituts für Wohnungs- und Planungswesen zum heutigen IRB, dem Fraunhofer- Informationszentrum RAUM und BAU. Clara E. Müller gehörte im Juli 1964 zu den Gründerinnen und Gründern des Stuttgarter Kreises für Dokumentation und Information (SKDI), dessen Aktivitäten seit 1986 vom AKI-Stuttgart weitergeführt werden. Ihr Beitrag zur Jubiläumsschrift "25 Jahre Fort- und Weiterbildung von SKDI und AKI im Stuttgarter Raum" ist ein zeitloses und lesenswertes Dokument.
Von 1959 bis 1972 bildete sie wissenschaftliche Dokumentare am Lehrinstitut für Dokumentation (LID) in Frankfurt aus, von 1963 bis 1968 war sie die stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums für Nachwuchsbildung, von 1968 bis 1972 stellvertretende Vorsitzende des Fachbeirats für Ausbildung, von 1960 bis 1968 ein Mitglied des Beirats der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation. Ihr lebenslanger Einsatz für die Dokumentation, insbesondere der Dezimalklassifikation, wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt. Einige davon sind: Goldene Ehrennadel der DGD (1958), Carl-Walther-Preis des DNA (1964) und das Bundesverdienstkreuz am Bande (1969). Seit 1952 war sie ordentliches Mitglied aus der Bundesrepublik Deutschland im Internationalen Rat für Bauforschung und Baudokumentation (CIB). Sie ist Ehrenmitglied des AKI Stuttgart, der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und -praxis (DGI) und der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung (FhG).
Ihre langjährige Kollegin Carola von Ditterich hielt auf der am 6. November stattgefundenen Trauerfeier auf dem Stuttgarter Pragfriedhof einen Nachruf auf die "Grand old Dame" der deutschen und internationalen Dokumentationswelt, der mit den folgenden Worten schloß: "Clara E. Müller war eine äußerst tüchtige, tapfere, hilfsbereite und liebenswerte Frau, die bei allen, die sie kannten sicherlich in Liebe und Respekt in Erinnerung bleiben wird".
Statt Blumen bat Sie um Spenden an die Diakonie Stetten: Kerner Volksbank e.G., Konto 333 000, BLZ 602 62 693
Text: Karl Dietz
Bibliographie
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Clara E. Müller: 25 Jahre Fort- und Weiterbildung von SKDI und AKI im Stuttgarter Raum. in: 1. AKI-festschrift, 1989
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Clara E. Müller: Wie hilft die Dokumentationsstelle für Bautechnik dem Betonfachmann de.structurae.de/refs/items/index.cfm?ID=r0021650
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Literatur über Betonstahl / Clara E. Müller Erschienen: Düsseldorf : Baustahlgewerbe GmbH, 1960 Umfang: S. 273-300 Anmerkung: Aus: "Festschrift Walther Schütte", 30 Jahre Baustahlgewerbe
via swb bzw kvk
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Ausbildung von Dokumentaren / Clara E. Müller In: Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken : Bericht über die ... Tagung . - [Wechselnde Verlagsorte] , ISSN 0340-9120, . - Bd. 11.19XX, S. 219-231
via GBV
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Atomkernenergie-Dokumentation beim Gmelin-Institut. AED Informationsdienst. Reihe C. Bibliographien zur Kernforschung und Kerntechnik Sekt. 01. Bauwesen. Nr. ... für Reaktoren. Bearb.: C. Müller (1967) von Clara E. Müller
Verlag: Referat Atomkernenergie-Dokumentation beim Gmelin-Institut f. Anorgan. Chemie u. Grenzgebiete in d. Max-Planck-Gesellschaft z. Förderung d. Wissenschaften e.V., 88 Seiten
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Titel: Literaturzusammenstellung über Bibliotheksbauten / Dt. Bauzentrum, Dokumentationsstelle f. Bautechnik. (Verf.: C[lara] Müller) Teil: Haupt.: 1954 Sonst. Personen: Müller, Clara [Mitarb.] Körperschaft: Dokumentationsstelle für Bautechnik <Stuttgart> Erschienen: Stuttgart : Dt. Bauzentrum, Dokumentationsstelle f. Bautechnik, 1954 Umfang: 11 Bl. ; 4º Sachgebiete: 56.84 Schulbau, Bibliotheksbau, Museumsbau, Theaterbau Sachgebiete: 727.8 Signatur: Oa-1444
via UB BS
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Katalogkarte via HEBIS ... http://retro.hebis.de https://resolver.hebis.de/retro/original/s9220738
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Titel Alphabetische Stichwortverzeichnis zur Schrifttumkartei Bauwesen nach der Dezimalklassifikation Autor(en) Mueller, Klara E. Besitzinfo Katalogkarte der UB Frankfurt (StUB) URI der Karte http://resolver.hebis.de/retro/original/s9220738
021125
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Ehrenmitglied beim AKI
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Ehrenmitglied der Fraunhofer-Gesellschaft
http://www.fraunhofer.de /fhg/archiv/alte%20jahresberichte/pflege.zv.fhg.de/german/publications/jahresber/jb1996/jb96-76.htm ... 404 am 071116
Finderlohn für einen living link = 1 AKI-card
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Ehrenmitglied der DGI & Nachlass
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Barbara Müller-Heiden:
Clara Müller (1900–1998)
Vor 25 Jahren verstarb Clara Müller. Sie gilt als eine Pionierin der Bau-Dokumentation. 1941 war sie, Anfang 40, als Mitarbeiterin in die neugegründete Baudokumentationsstelle (Prof. Otto Graf) in Stuttgart eingetreten, deren Leiterin sie von 1956 bis zu ihrer Pensionierung 1968 war. In Anwendung damals aktueller und innovativer Methoden hat sie die ursprüngliche Schrifttumsstelle in ihrer 25-jährigen Tätigkeit zu einer modernen, effizienten Informationsstelle ausgebaut. Bauliteratur aus vielen Ländern wurde beschafft und nachgewiesen – sachlich geordnet durch systematische Anwendung der Dezimalklassifikation, inhaltlich ausgewertet durch Referate. Die Vermittlungstätigkeit, auch in Form von Informationsdiensten, war in der Nachkriegszeit wegen vieler zerstörter Gebäude besonders gefragt und fand großen Anklang auch in der internationalen Bauwelt. Als Vizepräsidentin des „International Council for Building Documentation“ war sie gut vernetzt. Ihre Arbeit legte den Grundstein für die heutigen IuD-Aktivitäten des „Fraunhofer Informationszentrum Raum und Bau“ (IRB) mit seinen Datenbanken zum Planen und Bauen.
Einsatz für die Dokumentation
Ausgehend von der Stuttgarter Baudokumentation erweiterte sich Clara Müllers Blick auf bundesweites Parkett. Früh forderte sie eine zentrale Einrichtung für Dokumentation[1], die 1961 durch das Institut für Dokumentationswesen (IDW) realisiert wurde und zur Zwischenstation für die Förderung von Dokumentationseinrichtungen wurde – so wurden die staatlichen Zuschüsse für die DGD über das IDW, später die GID, abgewickelt.[2] Auch im Deutschen Normenausschuß (DNA) und der Fédération Internationale de Documentation (FID) war sie aktiv.
Ein Steckenpferd von Clara Müller war die Dezimalklassifikation – sachlicher Ordnungsstandard der damaligen Zeit. In einem Interview zu ihrem 90.Geburtstag erinnert sie an die vielschichtigen Aspekte der Dezimalklassifikation: „Ich war an vielen Stellen der Welt, ganz gleich ob in Indien oder in England. Ich konnte die Kataloge in den Bibliotheken nutzen, da ich die Dezimalklassifikation verstand. Sie diente auch als Verständigungs- und Definitionsmittel auf einer Reihe von Sitzungen, wenn die Sprachen nicht mehr ausreichten.“[3]
Seit den 1950er Jahren engagierte sich Clara Müller in der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation (DGD) in Frankfurt am Main für die Nachwuchsbildung in Dokumentationsstellen, sowohl ehrenamtlich in den Gremien als auch als externe Dozentin in den Kursen des DGD-Gremiums für Nachwuchsbildung. Sie wurde aktives Mitglied im Verein Deutscher Dokumentare (VDD), der 1961 gegründet wurde und durch die Erarbeitung von Tätigkeitsmerkmalen die Entwicklung der Berufsbilder vorantrieb.
Clara Müller im Kuratorium
Innerhalb der DGD war sie Mitglied des Kuratoriums der DGD, das unter Leitung von Dr. Karl Fill die Schulungsaktivitäten von Dokumentaren einleitete, sie wurde seine Stellvertreterin und formte maßgeblich die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der DGD seit den 1950er Jahren mit den Halbjahreskursen seit 1956/7 und der Entwicklung der dokumentarischen Berufsbilder. Zusammen mit Fill leitete sie das Kuratorium, aus dem 1967 das Lehrinstitut für Dokumentation (LID) hervorging. Als es zur Einrichtung des LID in der DGD gekommen war, lehnte sie allerdings die Anfrage, ob sie als Direktorin zur Verfügung stände, ab. Sie stand damals kurz vor ihrem Ruhestand und zog sich aus der aktiven Arbeit zurück.[4] Ein Generationenwechsel bahnte sich an. Als stellvertretende Leiterin begleitete sie die Ausbildungsaktivitäten auch nach der Überführung des Kuratoriums 1968 in den Fachausschuss für Ausbildung, der nun das neugegründete LID unterstützte, bis dieser 1972 wiederum als Fachausschuss für Ausbildung und Fortbildung den gewachsenen Anforderungen entsprechend neu organisiert wurde. Noch 1990, in hohem Alter, verfolgte sie die Aktivitäten der DGD, so mahnte sie die Zugänglichkeit des Archivs an.
„Aufschließen von Dokumenten“
Clara Müller war eine beliebte Dozentin. Ihr Themengebiet war neben der Dezimalklassifikation das „Aufschließen von Dokumenten“. In der Programmbeschreibung für ein Seminar von 1966 hieß es:
Müller, Clara E., Leiterin der Dokumentationsstelle für Bautechnik in der Fraunhofer-Gesellschaft in Stuttgart, stellv. Vorsitzende des International Building Classification Committee (IBCC). – 7 Stuttgart N, Birkenwalderstraße 134“
„Normen, Auswahlgesichtspunkte, Erfassungstechnik. Erschließungswege, Speicherung, Redaktionelle Probleme der Schrifttumsdienste. Koordination, Aufschließen von Reportliteratur mit Hilfe descriptorischer Ordnungssysteme (Beispiele aus der Praxis großer ausländischer Dokumentationsstellen)“.[5]
In der nach Abschluss einer Schulungsveranstaltung üblichen Kritikrunde mit Verbesserungsvorschlägen für die inhaltliche und didaktische Gestaltung werden in einem Schreiben an den Seminarzuständigen Ernst Lutterbeck lobend Clara Müllers Manuskripte erwähnt: „Zum Kap. III (Manuskripte) ist noch zu sagen, daß die Teilnehmer u. a. Ihnen und Fräulein Clara Müller sehr dankbar sind für die vorbildlich erarbeiteten Manuskripte, die jedem die Möglichkeit der ganz wesentlichen eigenen „Nacharbeit“ geben!“[6]
Clara Müller wurde 1958 auf der 10. Jahresversammlung der DGD in Köln mit der „Goldenen Nadel der DGD“ gewürdigt. 1986 wurde sie zum Ehrenmitglied erklärt. In den Nachrichten für Dokumentation erschienen jeweils ehrende Beiträge. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit, die vielen frühen Dokumentarinnen und Dokumentaren in lebhafter Erinnerung geblieben ist.
Stuttgarter Arbeitskreis
1964 war Clara Müller mitverantwortlich für die Gründung des Stuttgarter Kreises für Dokumentation und Information, der 1986 im AKI Stuttgart aufging. Die regionalen Arbeitskreise – zeitgleich entstand der Berliner Arbeitskreis – waren integrale Bestandteile der satzungsgemäßen Aufgaben der DGD. Der AKI Stuttgart verehrt seine Gründerin und hält das Andenken mit einer Dokumentation an sie wach.[7]
„Fräulein Clara Müller“ – frühes Beispiel einer Frauenkarriere
Ihr beruflicher Nachlass umfasst eine Dokumentensammlung mit fast 50 Ordnern, den sie nach ihrer aktiven Zeit wohlgeordnet an die DGD übergab. Er enthält eine beeindruckende Sammlung zeitgenössischer Texte zur Dokumentation aus verschiedenen Branchen, bis 1912 zurückreichend – auch Ergebnis ihrer guten Vernetzung. Fremdveröffentlichungen sind häufig mit ihren Anmerkungen versehen oder mit persönlichen Bemerkungen des Autors an sie.
Mit ihren Kenntnissen und ihrer Zielstrebigkeit hat sie nicht nur den Frauen im Dokumentationsbereich ein frühes Beispiel gesetzt. Ihre verbindliche, umsichtige Art machte sie zu einer geschätzten Kollegin. Clara Müller gehörte zur ersten Generation von Frauen in der Dokumentation, die eine Führungsposition innehatte.
Der Nachlass von Clara Müller befindet sich im Historischen Archiv der DGI.[8]
Barbara Müller-Heiden Kontakt: müller-heiden@dgi-info.de
Published Online: 2023-08-08 Published in Print: 2023-08-03
© 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/iwp-2023-2022/
061125 via site
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Doku zu Clara
Hier im AKI-wiki entsteht seit 2008 eine Dokumentation zu Clara E. Müller. Die entsprechenden Seiten sind mit der Seitenkategorie "Clara" einfach zu finden. Die Dokumentation ist ein "digital living wiki document"
Foto von Clara
https://karldietz.blogspot.com/2021/11/clara-e-muller-07111900-03111998.html
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Grab von Clara
https://karldietz.blogspot.com/2024/11/clara-e-muller-07111900-03111998_7.html
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14. Januar 1873: Der Pragfriedhof wird eröffnet, als erster städtischer Friedhof Stuttgarts. https://de.wikipedia.org/wiki/Pragfriedhof Bei seiner Eröffnung im Jahre 1873 befand sich der Pragfriedhof noch weit vor der Stadt. Heute liegt er zwischen der Nordbahnhof- und Heilbronner Straße und stellt mit seinen rund 21 ha einen sehr wichtigen Grünbereich im Stuttgarter Norden dar. Er wird durch eine Haupt- und Querallee geprägt, in deren Blickpunkt die 1905 bis 1907 im Jugendstil erbaute Feierhalle, das einzige Krematorium der Stadt, liegt. 1877 wurde der Israelitische Friedhof auf der Prag angelegt und bald nach dem Ende der Nazidiktatur wieder instand gesetzt.