Neue Bibliothek
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Führung: Neue Bibliothek - 29.04.
Die Stadtbücherei Stuttgart und AKI laden ein zu einer einstündigen Begehung der Bibliotheksbaustelle. Dabei werden die Architektur, die Technik sowie das Bibliothekskonzept vorgestellt.
Treffpunkt: 14.45 Uhr, Pariser Platz. Eintritt frei. Teilnehmerzahl max. 20 Personen.
Aufgrund der Baustellensituation ist die Begehung noch nicht barrierefrei und nicht für Kinder unter 12 Jahren geeignet. Festes Schuhwerk ist erforderlich. Helme werden ausgegeben. Die Teilnahme erfolgt auf eigene Gefahr. Bei ungünstiger Witterung wird die Führung kurzfristig abgesagt.
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Dass das Wort "Bibliothek" in verschiedenen Sprachen auf der Fassade der neuen Bibliothek zu lesen ist, verweist auf das Selbstverständnis der Stadtbücherei Stuttgart als interkulturelle Bibliothek, die mit ihren Angeboten der Pluralisierung von kulturellen Lebensformen und sozialen Milieus Rechnung trägt sowie das Zusammenleben in der multiethischen und vielsprachigen Stadtgesellschaft aktiv mitgestaltet. Sie engagiert sich für ein lebendiges, tolerantes Miteinander in Stuttgart, für einen gelingenden Kontakt und Austausch zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, für ein tieferes Verständnis der jeweils eigenen und fremden Kultur und für die Entstehung eines "Dazwischens". Neben Deutsch als Landessprache und Englisch als Weltsprache fiel die vom Architekten und der Direktion der Stadtbücherei Stuttgart gemeinsam getroffene Wahl der Fassadenbeschriftung außerdem auf das Arabische mit seinen vielfältigen Bezügen zur europäische Wissenschafts-, Geistes- und Kulturgeschichte und stellvertretend für alle anderen außereuropäischen Kulturen. Die vierte, in koreanischer Sprache angebrachte Aufschrift verweist auf die Heimat des Architekten der neuen Bibliothek: Prof. Eun Young Yi stammt aus Südkorea und lebt zeitweise in Seoul.
13.07.2010 14:27:22 Uhr
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Illumination am 02.10.2011
http://www.flickr.com/photos/hagen_froehlich/6205500692/ made by Benutzer:Hagen
„Auf geistige Klarheit und Ruhe kommt es an“
Der koreanische Architekt Eun Young Yi stellt in der Stadtbücherei sein Konzept der neuen Bibliothek vor
Am 21. Januar 2009 um 19.30 Uhr stellt der koreanische Architekt Prof. Eun Young Yi in der Stadtbücherei im Wilhelmspalais die Architektur der neuen Bibliothek vor.
Einführend präsentiert Ingrid Bussmann, Direktorin der Stadtbücherei Stuttgart, die zugrunde liegende Bibliotheksphilosophie des neuen Hauses.
Eun Young Yi hat die neue, seit November 2008 im Bau befindliche Bibliothek als einen gläsernen Würfel konzipiert, der sich in einer Wasserfläche spiegelt und von vier Seiten begehbar ist. Das Gebäude erstreckt sich über neun oberirdische sowie zwei unterirdische Geschosse und bietet Platz für eine halbe Million Bücher und Medien. Kernstück der neuen Bibliothek, die Mitte 2011 eröffnet werden wird, ist das „Herz“.
Um diesen als Ort der Ruhe und inneren Einkehr geplanten Zentralraum gruppieren sich die Themenebenen der Bibliothek. Über dem „Herz“ öffnet sich ein trichterförmiger Galerielesesaal, der sich über die oberen fünf Stockwerke erstreckt. Die Baukosten der neuen Bibliothek mit einer Nutzfläche von 12.500 m² belaufen sich auf 74 Millionen Euro. Der Realisierungswettbewerb für die neue Bibliothek wurde 1998 ausgelobt, wobei Eun Young Yi mit seinem Entwurf den 1. Preis gewann.
Eun Young Yi kommt es in seiner Architektur auf Ruhe und Klarheit an. Er verbindet Bauen mit Philosophie, greift die Formensprache früherer Kulturen auf und transformiert sie in die Moderne. Eun Young Yi absolvierte sowohl in Seoul wie auch in Aachen jeweils ein abgeschlossenes Architekturstudium. Im Anschluss arbeitete Eun Young Yi in den Kölner Architekturbüros O.M. Ungers und J. Schürmann. 1994 gründete er Yi Architects in Köln. Daneben betreibt Eun Young Yi ein Architekturbüro in Seoul, wo er seit 2000 auch eine Professur an der Hanyang Universität inne hat. Eun Young Yi gewann zahlreiche Preise bei internationalen Architektenwettbewerben und realisierte in Korea bereits das Aqua-Forum und das Winddruck-Laborgebäude der Hanyang Universität in Seoul sowie die Sodam Galerie in Heyri. Die Bibliothek Stuttgart betrachtet er bislang als sein wichtigstes Bauwerk.
8.1.2009
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"Dieses Haus ist zutiefst demokratisch"
Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 23.02.2011
Interview
Bald heißt es "Wilhelmspalais, ade". Nach 46 Jahren bekommt die Stadtbücherei Stuttgart ein neues Domizil. Ingrid Bussmann, die Bibliotheksdirektorin, ist überzeugt von den Qualitäten des Würfels hinter dem Hauptbahnhof und sagt: "Das ist kein Bücherknast!"
Die Stadtbücherei Stuttgart zieht um: Im Sommer werden mehrere Hunderttausend Bücher und digitale Medien in die Bibliothek 21 hinter dem Hauptbahnhof transportiert. Dass der neue Bau nicht jedem gefällt, trägt Ingrid Bussmann mit Fassung.
Frau Bussmann, haben Sie schon Bücherkisten gepackt?
Wir haben sie noch nicht gepackt, planen aber gerade ganz intensiv, wie der Umzug vom Wilhelmspalais in die neue Bibliothek ablaufen wird. Ende Oktober wollen wir die Eröffnung feiern.
Werden die Nutzer im Wilhelmspalais bald merken, dass sich etwas verändert?
Wir wollen versuchen, den Betrieb bis Ende August - leider schaffen wir es nicht ohne zweimonatige Schließung - möglichst uneingeschränkt aufrechtzuerhalten. Das gilt für die Zentralbücherei, die Musikbücherei und die Mediothek, die bereits Mitte August schließen wird.
Was wird anders in der neuen Bibliothek, was erwartet die Besucher dort?
Eine ganz andere Atmosphäre, sehr viel mehr Platz, mehr Medien als bisher, viel mehr Möglichkeiten der Computernutzung. Wir werden insgesamt etwa 200 Computerarbeitsplätze haben, wobei der größte Teil Netbooks und Laptops sind, die man an einem Platz im Haus, an dem man gern arbeiten möchte, nutzen kann. Wir haben den Bestand jetzt schon stark aufgestockt. Der Bereich fremdsprachige Literatur wird größer, es gibt einen neuen Schwerpunkt Film, wir werden wesentlich mehr DVDs anbieten und kooperieren auch mit anderen Institutionen in der Stadt. Wir werden zudem ein ganz anderes Ausstellungskonzept haben: Im Erdgeschoss können wir 16 große Bildschirme mit eigenen digitalen Angeboten und mit Netzkunst bespielen. Schon zur Eröffnung wird dort Literatur sichtbar sein. Und wir werden die vermutlich längsten Öffnungszeiten einer kommunalen Bibliothek in Deutschland haben, von Montag bis Samstag neun Uhr morgens bis neun Uhr abends.
Vorher müssen Sie die Leute aber erst einmal in das neue Haus hineinbekommen. Haben Sie keine Angst, dass die Besucher, die den zentralen Standort am Charlottenplatz gewöhnt sind, sich schwertun mit einem Neubau, der ein ganzes Stück von der Innenstadt entfernt ist?
Die größte Hürde ist im Kopf. Mir ist bewusst, dass viele Menschen das Gefühl haben, das neue Haus sei weiter weg. Real sind es von der Eingangstür der neuen Bibliothek bis zum Wilhelmspalais mit der Straßenbahn ab Türlenstraße sechs bis acht Minuten. Man fährt, wenn man von Süden kommt, drei Haltestellen weiter. Diejenigen, die von Norden kommen, sparen sogar fünf Minuten. Von der Haltestelle Türlenstraße wird es einen direkten Zugang zum Haus über einen breiten Steg geben. Das sind etwa 75 Meter. Man ist wirklich ganz schnell da.
Mancher tut sich mit dem Gebäude schwer. Die Visualisierung des Architekturbüros zeigt einen leuchtenden Würfel mit spiegelnder Wasserfläche, das Bild der Webcam einen düsteren Kubus in einer Baustellenbrache. Können Sie verstehen, dass manche den Neubau als "Bücherknast" verspotten?
Ich kann akzeptieren, wenn Leute sagen, das ist nicht mein Bild von Architektur. Ein Begriff wie "Bücherknast" aber ist dem Architekten gegenüber absolut ungerecht. Hinter diesem Haus steht eine architektonische Idee: die klaren Formen, die bewusst introvertierte Fassade, hinter der sich das Haus nach innen öffnet zu den verschiedenen Bereichen. Über den Galeriesaal im vierten Obergeschoss sagen jetzt schon viele, das wird das Alleinstellungsmerkmal des neuen Hauses. Und abgesehen davon, dass Bücher etwas Befreiendes, Beflügelndes sind, besteht diese Bibliothek ja nicht aus Fassade, aus Räumen und Gestaltung, sondern aus dem, was inhaltlich angeboten wird. Wir haben mehr Medien und mehr Beratung, wir haben neue Räume, in denen sich Lerngruppen treffen können. Dieses Haus ist zutiefst demokratisch und bietet den Bürgern der Stadt jede Möglichkeit, es frei zu nutzen. In einen Knast kann ich nicht frei reingehen.
Der Wettbewerb um den Neubau der Stadtbücherei Stuttgart ist 1999 entschieden worden. Hat die ins Land gegangene Zeit dem Entwurf von Eun Young Yi geschadet?
Ich würde sagen, nein. Er hat das als Statement für die Architektur der Zukunft abgegeben. Schon 1999 hat die Jury geschrieben, das ist ein Haus mit Charakter, an dem man sich reiben wird.
Wie sind Ihre Erfahrungen bei den Baustellenführungen fürs interessierte Publikum?
Sehr positiv. Die Führungen sind bis Juni ausgebucht. Wenn die Leute sich mal auf das Haus einlassen, gehen sogar die härtesten Gegner, wie sich in den Gesprächen zeigt, mit dem Gefühl raus, es sei doch nicht so schlecht. Und zwei Drittel sind richtiggehend begeistert. Ich gebe zu, dass das Problem des nicht bebauten Umfelds uns noch eine Weile beschäftigen wird.
Wenn man über die Bibliothek, die ja nicht mehr Bibliothek 21 heißt, spricht, kommt man um das Thema Stuttgart 21 nicht herum. Handelt es sich hier nicht womöglich um einen Fall von Instrumentalisierung nach dem Motto, "Wenn im neuen Quartier erst mal der Kulturwürfel steht, stört sich keiner mehr an Shoppingmall- und anderer Investorenarchitektur"?
Als das ganze Projekt 1997 entstand, brauchten wir größere Räume, und die Stadt hat die Chance gesehen, dass eine neue Bibliothek zur Belebung des Stadtgebiets beitragen kann. Und das gilt noch heute. In Hamburg ist die Bibliothek in ein umstrittenes Areal gezogen, und in kurzer Zeit hat sich das Umfeld verändert, weil die Bibliothek eine starke Ausstrahlung hat. In Wien war das ähnlich. Da ist der Standort zwar direkt an einer U-Bahn-Haltestelle, aber das Haus liegt an einer großen Durchgangsstraße. Auch da hat die Bibliothek das Quartier positiv beeinflusst. Wenn die Bibliothek positive Signale in die Umgebung sendet, ist das keine Instrumentalisierung.
Hinter dem Bahnhof haben Sie ja noch viel Spielraum für positiven Einfluss . . .
Das kann man hoffen.
Frau Bussmann, Sie leiten die Stadtbücherei seit zehn Jahren, die Planungen für die neue Bibliothek haben Sie die ganze Zeit begleitet, seit zwei Jahren wird gebaut. Wenn Sie eingezogen sein werden, machen Sie dann drei Kreuze? Oder fängt die Arbeit erst an?
Sicher machen wir erst mal drei Kreuze, wenn wir alles geschafft haben. Aber natürlich kann eine Bibliothek nie stillstehen. Die ganze digitale Entwicklung etwa geht ja weiter. Gleichzeitig bleibt die Bewahrung der Buchkultur ein ganz wichtiges Thema. 2012 müssen wir uns auch wieder um die Weiterentwicklung der Stadtteilbüchereien kümmern. Wir legen bestimmt nicht die Beine hoch.
Das Wilhelmspalais hat künftig als Stadtbücherei ausgedient. Gibt es beim Auszug auch ein weinendes Auge?
Natürlich. Wir alle haben eine starke Bindung an das Haus. Wir spüren jeden Tag, dass hier der Platz nicht reicht, aber es ist eben gemeinsame Geschichte. Und ich finde es schön, dass das Stadtmuseum, das hier einzieht, diese Geschichte thematisieren kann, dass die Spuren nicht verloren gehen. Seit 1965 war die Bücherei hier drin, das sind fast fünfzig Jahre. Auch im neuen Haus, das haben wir immer gesagt, geht es um Tradition und Innovation.
Das Gespräch führte Julia Schröder.