Frithjof Bergmann

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Frithjof Bergmann

* 24.12.1930 - 2021


On Being Free, 1977, 0-268-01492-2

s.a.


Wir regen uns ja schon lange über das "New Work"-Blabla auf. Wer sich jemals mit Frithjof Bergmann beschäftigt hat, weiss, dass er nicht ein wenig bunte Tapeten und etwas Homeoffice meinte. Aber jut. So ist das mit diesen Hype-Wellen. Nun hat er dies erneut in einem Interview erläutert, dass da etwas falsch verstanden wurde ...

"Heute ist New Work ein Sammelbegriff für alles, was Unternehmen hip und modern finden. Entspricht das noch dem, was du dir damals überlegt hast?

Eher nicht. Unser Ansatz war von Anfang an, die Lohnarbeit abzuschaffen und die Neue Arbeit einzuführen. Dieser radikale, einschneidende Wechsel wird heute von Firmen viel weniger betont. Heute macht man vielerorts nur die Lohnarbeit attraktiver, sympathischer und netter. Man kann auch sagen: Es ist Lohnarbeit im Minirock. Firmen beschreiben das, was wir Neue Arbeit nennen, nur in ganz oberflächlicher Art und Weise. Auch wenn es angeblich super läuft, ist es mehr Schein als Wirklichkeit."

090919 via fb handelsblatt



www.keimform.de/2006/12/17/frithjof-bergmanns-freiheitsbegriff

cari,

ein spannender text

http://www.keimform.de/2006/12/17/frithjof-bergmanns-freiheitsbegriff

und was mir dazu gleich eingefallen ist:

danke für diesen text. anmerken möchte ich, dass meiner meinung nach, menschen höchstwahrscheinlich überhaupt keine probleme hätten zu wissen was sie wirklich wollen, wenn sie von geburt an selbstbestimmt und erziehungsfrei in einer unterstützenden umgebung aufwachsen könnten. deswegen bin ich überzeugt, dass sich unser gesellschaftssystem erst dann grundlegend verändern wird, wenn genügend (kritische masse ?) junge menschen ohne erzieherische deformierung ins erwachsenenalter gelangen.

saluti moca


22-24.11.2012 - Frithjof Bergmann-Tage beim SSM

Datum: Wed, 14 Nov 2012 23:02:48 +0100 Von: Heinz Weinhausen <h.weinhausen@ina-koeln.org> An: Institut für Neue Arbeit <info@ina-koeln.org>

Infoverteiler des Institut für Neue Arbeit an- und abmelden unter info@ina-koeln.org


Öffentlicher Vortrag von Frithjof Bergmann "Neue Arbeit, Neue Kultur" 22.11., Donnerstag, 18 Uhr ORT: SSM-Halle-am-Rhein, Am Faulbach 1, Köln-Mülheim Wegbeschreibung: ww.ssm-koeln.org

Iniativen-Vernetzungstreffen Sozial/Ökologisch/Neue Arbeit mit Frithjof Bergmann 23. und 24.11. , Donnerstag und Freitag, 10-18 Uhr Ort: SSM, Düsseldorfer Str. 74, Köln-Mülheim Wegbeschreibung: www.ssm-koeln.org

Veranstalter: Ideen hoch drei e.V. //Räume für Entwicklung in Kooperation mit dem SSM

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Köln, den 15.11.2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

Professor Frithjof Bergmann kommt. Viele Vorträge hat er schon in vielen Städten und in aller Welt gehalten, einige Bücher geschrieben. "Neue Arbeit, Neue Kultur" ist sein Thema. Unsere Arbeitsgesellschaft ist pathologisch und steckt fundamental in der Krise, dies war für ihn schon 1995 bei einem Vortrag und Workshop hier in der VHS-Mülheim klar. Dies weiss er treffend zu schildern und zu illustrieren. Eine Therapie des schwerkranken Patienten ist nicht einfach. Bergmann schlägt die "Neue Arbeit" vor. Verknüpfung von Erwerbsarbeit (weniger) und Eigenarbeit/Selbstversorgung (mehr und auf sehr hohem technischen Niveau) plus eine gute Portion Salz in der Suppe (Do what you really want to do), damit das Leben gut schmecken kann. Dies wird der erste Teil des Vortrages sein.

Inzwischen sind 17 Jahre Erfahrungen mit Neuer Arbeit dazugekommen, wovon Frithjof Bergmann berichten wird. Eine neue Initiative strebt er an: Vernetzung von Initiativen, Vereine, Organisationen im Sozialen und im Ökologischen mit den Bestrebungen "Neuer Arbeit".

Unser Institut für Neue Arbeit verdankt Frithjof Bergmann seinen Namen, und der SSM begreift sich als Praxisprojekt von Neuer Arbeit. Seit vielen Jahren zeigt der SSM, dass Neue Arbeit nichts Geheimnisvolles oder Exklusives ist, sondern von Menschen aller Schichten gelebt werden kann, von jung bis alt, ob beinträchtigt oder nicht, ob Ausbildung/Studium oder nicht. Inklusion ist hier Alltag.

Auch im "Mülheim Programm" sollte das Projekt "Neue Arbeit für Mülheim" gefördert werden. Aber die Verwaltung wird vom Förderungspaket für den Stadtteil nur den Straßenbau zu 100 Prozent realisieren, die Projekte im Sozialen kranken oder wurden gestrichen. Armes Mülheim. (Infos: http://rettet-unsere-veedel.ina-koeln.org )

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen entnehmen Sie bitte der unten folgenden Pressemitteilung des Veranstalters Ideenhochdrei e.V. (auch im Anhang) Für weitere Fragen steht Anne Kliebisch zur Verfügung. Wichtig: Sie bittet um Anmeldung zwecks besserer Planung.

Hinweis 1: Der Verein Ideenhochdrei erhebt einen Wertschätzungsbeitrag für jede Veranstaltung oder als Gesamtpaket. Dies ist kein fester Betrag, der gezahlt werden muss. Wer mehr oder weniger zahlen kann oder möchte, kann das gerne tun.

Hinweis 2: Die Möglichkeit der Veranstaltung hat sich kurzfristig ergeben.

Freundlich grüßt

Heinz Weinhausen


Ideen hoch drei e.V. //Räume für Entwicklung

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Pressemitteilung

Vortrag und Vernetzungstreffen vom 22.11. -24.11. mit Prof. Frithjof Bergmann von „Neue Arbeit / Neue Kultur“ mit sozial- und ökologisch engagierten Organisationen

Vom 22. bis zum 24. November organisiert der von Studierenden gegründete, mehrfach ausgezeichnete Verein Ideen³// Räume für Entwicklung in Kooperation mit der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) in Köln ein Netzwerktreffen zwischen Prof. Frithjof Bergmann, Vordenker und Begründer von "Neue Arbeit / Neue Kultur" und sozial- und ökologisch engagierten Organisationen. Es geht bei diesem Treffen darum, wie die unterschiedlichen Bewegungen in Deutschland kooperieren können.

Grundidee der neuen Arbeit ist, dass mensch zukünftig 1/3 seiner Arbeitszeit mit Erwerbsarbeit zu verbringt, 1/3 mit Eigenversorgung und 1/3 mit etwas, das man wirklich wirklich tun möchte. Ein großer Teil der Wirtschaft soll dabei wesentlich stärker lokalisiert werden, u.a. mit „Fabrikatoren“, mit denen auch regional technische Produkte (z.B. Kühlschränke) hergestellt werden können. Prof. Bergmann hat mit diesem Konzept sowohl in der amerikanischen Automobil-Krise wie auch in Slums weltweit sehr erfolgreich gearbeitet.

Am Donnerstag, 22.11., stellt er ab 18 Uhr in einem öffentlichen Vortrag das Konzept der neuen Arbeit vor und geht dabei v.a. auf die Verbindung zu anderen Bewegungen ein: wie können verschiedene ökologische und soziale Bewegungen endlich sinnvoll kooperieren? Wie können unterschiedliche Meinungen respektiert und gemeinsame Ziele gemeinsam vorangetrieben werden? Ort: SSM-Halle-am-Rhein, Am Faulbach 1, Köln-Mülheim – Einlass: 17Uhr, Wertschätzungsbeitrag: 10€

Am 23. und 24.stellen sich die teilnehmenden Organisationen, Institutionen und Bewegungen vor und gemeinsam mit Bergmann wird in frei gestalteten Open-Space-Sessions ganz praktisch an dieser Vernetzung und Bündelung der Kräfte gearbeitet. Ort: SSM, Düsseldorfer Str. 74, Köln-Mülheim – Einlass: 10Uhr, Wertschätzungsbeitrag: 35€ pro Tag

Der empfohlene Wertschätzungsbeitrag liegt für die ganzen drei Tage bei 80 €. Wer mehr oder weniger zahlen kann oder möchte, kann das gerne tun. Der Beitrag für Freitag und Samstag beinhaltet Mittagessen. Weitere Informationen sowie das Anmeldeformular erhalten Sie auf www.ideenhochdrei.org oder über Anne Kliebisch, 0152-335 44865, anne.kliebisch@ideenhochdrei.org.

Fakten: Zeit: 22.-24.11.2012 Ort: Düsseldorfer Str. 74 in Köln-Mülheim

Ansprechpartner: Anne Kliebisch, 0152-335 44865, anne.kliebisch@ideenhochdrei.org


Ideen hoch drei e.V. //Räume für Entwicklung Vorstand: Nicole Breisinger - Anne Kliebisch - Dan-Felix Müller - Felix Girmann – Marianne Vogt Kronenstr. 6 - 53347 Alfter - 0178-7911120 - VR Bonn 9037 Kto. 4031075900 – BLZ: 43060967 – GLS Bank info@ideenhochdrei.org - www.ideenhochdrei.org

-- CONTRASTE - Monatszeitung für Selbstorganisation http://www.contraste.org


CONTRASTE Nr. 340 (Januar 2013, Seite 6)

FRITHJOF BERGMANN IN KÖLN

Von der Alten zur »Neuen Arbeit«

Keine Frage, da gibt es jemand, der hat Ziele und Visionen: Gesellschaftsveränderung durch »Neue Arbeit«. Seit Jahrzehnten schon schreibt und referiert Frithjof Bergmann unablässig zur »Neuen Kultur« und hält weltweit Vorträge. Jüngst referierte und diskutierte er wieder mal in Köln. 70 BesucherInnen kamen am 22. November in die SSM-Halle am Rhein. An den darauf folgenden Workshop-Tagen waren es 30 Teilnehmende aus verschiedensten Initiativen und Organisationen. Auf die Beine gestellt und durchgeführt wurden die Bergmann-Tage vom Team von »Ideenhochdrei – Räume für Entwicklung«.

Von Heinz Weinhausen, Redaktion Köln # Frithjof Bergmann sieht verheerende gesellschaftliche und ökologische Verwerfungen auf die Welt zukommen, die auch und gerade die Industrienationen erfassen werden. Er spricht gerne in einprägsamen Bildern von Plagen wie im alten Ägypten, von einem Tsunami usw. Kern seiner Analyse: Das entfremdete Lohnarbeitssystem, das er als Krankheit ansieht, geht zu Ende, »die Arbeitsplätze werden wegschmelzen wie der Schnee im April«, weil die heute vorherrschende digitale, mikroelektronische Produktionsweise sich durchgesetzt hat und in allen Branchen Arbeitszeit und Arbeitsplätze wegrationalisiert. Und deren Potentiale sind noch wenig ausgeschöpft. Den Zusammenbruch der alten Industrie hat Bergmann in den achtziger Jahren in der Autostadt Detroit miterlebt und versuchte schon damals, andere Impulse zu geben, einen Übergang zu einer erneuerten Gesellschaft in Gang zu setzen. Heute sieht er sie als Stadt der Neuen Arbeit, die sich zumindest mit Nahrungsmitteln weitgehend selbst versorgen kann. Der Kniff dabei: viel Eigeninitiative und vertikale Gärten.

Mit Marx gesprochen sieht die heutige Gesellschaftssituation so aus, dass die Produktivkräfte dabei sind, über die Produktionsverhältnisse hinauszuwachsen. Mit Vollautomatisierung ist kein Lohnarbeits-Entfremdungs-Ausbeutungs-System mehr zu machen, was auch das Geldsystem samt seinen Staaten alt aussehen lässt. Schon 1995 sagte der französische Präsident Jacques Chirac: »Ich besitze keinen Zauberstab!« Weil er sich in der Zwickmühle sitzen sah. Mehr Staat und Verschuldung (Keynes) brachte die Wirtschaft nicht in Gang, und weniger Staat und Deregulierung (Neoliberalismus) auch nicht, zumindest nur um den Preis des Beinahe-Bankenkollaps und damit Geldkreislaufkollaps. Schön, könnte mensch sagen, soll der hässliche Kapitalismus doch in sich zusammenbrechen! Das Problem dabei: das Überleben der Menschen ist noch an ihn gekoppelt.

Frithjof Bergmann visiert einen friedlichen Übergang zu einem grundsätzlich anderen Wirtschaftssystem an, wobei er Arbeitslosen wie auch Konzernherren Ansprechpartner ist. Das Jobsystem gilt es herunterzufahren (Arbeitszeitverkürzung auch ohne Lohnausgleich, wenn anderes nicht durchsetzbar ist), einen Sektor von Community Production, von High Tech Self Providing, von gemeinsamer Eigenarbeit aufzubauen. In seinen Worten:

»Der Kernbegriff ist, dass man unter Zuhilfenahme von ganz raffinierten Erfindungen, manchmal sehr einfachen wie der sogenannten vertikalen Gärten, Selbstversorgung realisieren kann, aber eben auch ganz moderner Maschinen wie die sogenannten Fabrikatoren (3D-Fabber – siehe Kasten), mit denen man dezentral in kleinen Räumen eine unwahrscheinliche Vielfalt von Produkten herstellen kann, die hohe Qualität haben, die direkt verfügbar sind und gar nicht mehr transportiert werden müssen. So wird man in kleinen Gruppen vieles selber herstellen können, von den Kleidern und Schuhen, bis zu den Möbeln, bis zu Mikrowellenöfen und bis zu Computern. Also dezentrale Herstellung in kleinen Räumen ist der Inbegriff dessen, was wir uns unter einer neuen Wirtschaft vorstellen, die einerseits ökologisch ist und andererseits die riesigen sozialen Probleme abschafft. Damit meine ich die Spaltung zwischen den zwanzig Prozent der Menschen, die in den Oasen leben und den achtzig Prozent, die in der Wüste leben, die ich Wüstenmenschen nenne.« (Interview mit Dan-Felix Müller im Juni 2011)

Auf diesem existenzsichernden zweisäuligen Boden von Erwerbsarbeit und Eigenarbeit stehend plädiert er für den dritten Sektor von individueller Freiheit im Tun: das Salz in der Suppe, damit das menschliche Leben gut schmecken kann, nämlich das zu tun, was mensch wirklich, wirklich tun will (Calling). Nur derjenige Mensch wird in sich ruhen und tief zufrieden sein, der das, was gewissermaßen in ihm steckt, auch zu leben weiß. Dressiert wie eine Maschine für das Jobsystem wissen allerdings viele gar keine Antwort auf diese Frage, was es denn sein könnte, was ihnen so sehr wichtig ist. Hier gibt es Beratungen, Coaching, inzwischen sogar ein »Wesenskernspiel«, entwickelt von Christine Jung. Bergmann hofft dabei auch auf den Synergieeffekt, dass erfüllte Menschen keine Shoppingerlebnisse brauchen und auch so der verschwenderische Ressourcenverbrauch drastisch gesenkt werden könnte. Und überhaupt: in seiner Vision von Neuer Arbeit, Neuer Wirtschaft und Neuer Kultur soll die Fröhlichkeit ihren festen Platz haben.

Soweit die vereinfacht dargestellte Skizze der Ideen von Frithjof Bergmann. Mensch mag darüber streiten, ob das alles so trägt für eine neue Gesellschaft. Beispielsweise kritisiert er die Lohnarbeit, ohne aber einen Begriff vom Geld als »sozialem Ding« (Marx) zu haben. Für ihn scheint es einfach eine überhistorische Rechengröße zu sein. Damit fehlt ihm der Zusammenhang von mikroelektronischer Revolution und dem Aufplustern der Geldmärkte ins fast Unermessliche. Die große Entwertung – so ein Buchtitel von Norbert Trenkle und Ernst Lohoff – steht unweigerlich in den nächsten Jahrzehnten bevor, da wird es auch nicht helfen, wenn mensch auch mit selbstbestimmter Calling-Arbeit Geld verdienen möchte. Und Bergmann weiß auch nicht zu denken, dass auf der historischen Tagesordnung der Wechsel ansteht von der Geldvergesellschaftung (Grundlage Ware-Geld-Markt-Staat) hin zur direkten Vergesellschaftung ohne diese Krücken. Eine Umwälzung, die – wenn sie denn gelingen sollte – größer sein wird als diejenige von der mittelalterlichen Ständegesellschaft hin zum Kapitalismus.

Früher unersetzbar, galt die Eigenarbeit im industriellen Zeitalter lange nur noch als etwas Altmodisches. Neuerdings hat aber ein Umdenken eingesetzt, weil Eigenarbeit, Selbstversorgung, Community Production, Commons heute ganz andere Potentiale in sich tragen als noch die karge, mühselige Felderbewirtschaftung vor einigen hundert Jahren. (Exkurs: Trotz der geringen Produktivität vermochte die Eigenarbeit die mittelalterliche Gesellschaft mit achtzig Prozent der Güter und Dienstleistungen zu versorgen – das Marktsystem war noch marginal.) Mit den heutigen Kenntnissen und deren rasanter Verbreitung im Internet und den digital gefütterten Maschinen stellt sich die Frage einer breiten, kooperativen Selbstversorgung ganz neu und emanzipatorisch. Den Markt zu bedienen und für das Geld zu arbeiten, heißt, sich stets dem Markt und seinen Gesetzen zu unterwerfen und nur noch deren Erfüllungsgehilfe zu sein, wobei die Zahl der Verlierer zunimmt. Nicht der Mensch diktiert dem Markt, sondern umgekehrt. Freiheit ist tendenziell nur noch außerhalb der Marktzwänge realisierbar.

Frithjof Bergmann mit seinem Konzept von Neuer Arbeit bietet hier einen Anfang, wofür er in bemerkenswerter Weise Impulse gibt. Dabei müssen die Trauben gar nicht so hoch gehängt werden, wie er selbst es oft tut. Statt vertikaler Gärten ist Erzeugung biologischer Nahrungsmittel auch in den üblichen horizontalen Gärten möglich. Statt digitaler Fabberproduktion tut auch eine pneumatische Bohrmaschine tolle Dienste. Jedenfalls zeigt das Beispiel der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim seit 30 Jahren (und viele andere Gemeinschaften ebenso), dass Entschärfung von Marktwirtschaft auch ohne digitale Revolution möglich ist. Werden durch Eigenarbeit und Nutzung von Gebrauchtem, durch Schaffung von Wohnraum die Lebenshaltungskosten drastisch gesenkt, braucht es weniger Umsatz, um den Lebensunterhalt zu sichern. Freiräume werden geschaffen für Soziales (Inklusion) und für politisches Wirken zur Stadtteilgestaltung (SelfEmpowerment). Was alles nicht gegen Computerisierung spricht – nur dagegen, dass man nicht schon mit Füreinander-Arbeit beginnen könnte, weil beispielsweise die neue Technik der 3D-Drucker samt deren Softwareprogrammen noch nicht ausgereift ist.

In dem Neue-Arbeit-Workshop zeigte sich jedenfalls Tatkraft. Etliche TeilnehmerInnen wollen sich auch in Zukunft vernetzen, um das gemeinsame Produzieren zu probieren. Einige wollen das Herstellen von Lebensmitteln und deren Konservierung versuchen. Erstes Projekt: Sauerkraut. Andere wollen sich mit dem Fabbern schlau machen und es auch vor Ort anschauen. Wieder Andere haben bereits eine Software entwickelt, die Gemeinschaftsbestände an verschiedenen Orten dezentral erfassen kann (Crealiity). Den Vernetzungsprozess durch Moderation zu unterstützen, dazu hat sich das Team von »Ideenhochdrei« bereit erklärt. All dies ist pragmatisch gedacht, nach dem Motto: Wir trauen dem Marktsystem nicht mehr und wollen uns eigene Kenntnisse und Ressourcen schaffen. Dies mag lächerlich wirken, wenn daraus Gesellschaftsveränderung gedacht wird. Wenn aber viele an vielen Orten Ähnliches versuchen, kann Quantität in Qualität umschlagen.

Ausgewählte Informationen zur Neuen Arbeit: • www.neuearbeit-neuekultur.de • www.servus.at/tschneid/frithjof • www.zw-jena.de/arbeit/arbeit.html • www.matthias-jung.de/arbeiten.html • www.wesenskernspiel.de • http://crealiity.com/faq.php • www.ideenhochdrei.org • www.ssm-koeln.org

Kasten:

Digital Fabricator

Ein Digital Fabricator (kurz Fabber) ist allgemein ein Gerät, das materielle, 3dimensionale Gegenstände aus auf Computern gespeicherten CAD-Daten erzeugt. Grundlegende Klassen dieses Maschinentyps sind subtraktive Fabrikatoren, die den gewünschten Gegenstand durch Abtragen bzw. Abtrennen von Material herstellen – wie Fräsen, Drehen, Schneiden, z. B. mit CNC-Maschinen – und additive Fabrikatoren, die den Gegenstand aus dem Grundwerkstoff aufbauen, insbesondere 3D-Drucker. Die Entwicklung von 3D-Druckern stellt einen gewaltigen Wandel (hin zum nachhaltigen Produzieren) dar und kann ein jahrhundertealtes Prinzip beenden, nämlich Produkte aus Rohlingen und nur mit großen Verschnittmengen herzustellen. 3D-Drucker setzen nur soviel Material ein, wie tatsächlich benötigt wird. »Je kleiner die Stückzahl und je komplizierter das gewünschte Bauteil geformt sei, desto eher rechnet sich der 3D-Druck«.

(Thomas Kuhn, Wirtschaftswoche Nr. 51 vom 19. Dezember 2011, Seite 72ff)

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